Unser Darm ist schon ein ganz erstaunliches Organ. Täglich gewinnen Wissenschaftler neue Erkenntnisse über dieses Wunderwerk, wir kratzen dennoch erst an der Oberfläche. Schon länger bekannt ist, daß 90% der von den Darmnerven gewonnenen Information ans Gehirn gesendet werden, jedoch nur 10% der Signale vom Oberstübchen an den Darm gehen. Da fragt man sich doch, wer hier der Chef im Haus ist!
Da wundert es auch nicht, daß das Bauchhirn einen großen Einfluß auf unser Gefühlsleben und unsere Entscheidungen hat. Sind wir verliebt „haben wir Schmetterlinge im Bauch“ und eben nicht im Kopf. Unerfreuliches „liegt uns schwer im Magen“, aber nicht in der Birne. Entscheidungen treffen wir gerne mal „aus dem Bauch heraus“.
Wissenschaftler wollen es ja immer ganz genau wissen und so haben sie sich unsere Darmmitbewohner genauer angeschaut. Einige Kandidaten taten sich dabei als ungewöhnlich positiv für das psychische Gleichgewicht und unser mentales Wohlbefinden hervor. Deshalb nennt man sie in der Fachwelt "Psychobiotika", eine Wortschöpfung aus "Probiotika" und "Psyche".
Stars unter den Psychobiotika
Bifidobacterium longum NCC3001
und Lactobazillus rhamnosus JB-1
Beide Bakterienarten sind natürlicherweise im menschlichen Darm angesiedelt. Sie pflegen nicht nur unseren Darm und steigern die Immunabwehr, sondern haben positiven Einfluss auf unsere geistige Gesundheit.
Studien zeigten, daß insbesondere Reizdarmpatienten, welche überdurchschnittlich häufig an Depressionen, Angst und Panikattacken leiden, von den Psychobiotika profitieren (1,2).
Aber auch bei Darmgesunden, die unter chronischem Stress stehen, zeigten sich positive Effekte und eine Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität (3).
Darüber hinaus verbessern sie die Gedächtnisleistung (4) und verfügen über entzündungshemmende Eigenschaften (5).
Ausblick
Ach, wir schön wäre es, könne man eine Depression durch Gabe einer Kapsel Psychobiotika verpuffen lassen. Die Darm-Hirn-Achse ist jedoch ein komplexes Kommunikationssystem, ein ausgetüfteltes Uhrwerk, das sich permanent Einflüssen aus der Umwelt und Reizen aus dem Organismus anpassen muss. Obwohl die Wirkmechanismen und die Langzeiteffekte noch nicht vollständig verstanden sind, deutet alles darauf hin, daß diesen beiden Kandidaten noch eine große Karriere in der Förderung der mentalen Gesundheit bevorsteht. Und es dürften nicht die einzigen sein. Wir dürfen gespannt sein!
Quellen:
Pinto-Sanchez, M. I., et al. (2017). Probiotic Bifidobacterium longum NCC3001 reduces depression and anxiety in patients with IBS. Gastroenterology.
2. Bravo, J. A., et al. (2011). Ingestion of Lactobacillus strain regulates emotional behavior and central GABA receptor expression in a mouse via the vagus nerve. Proceedings of the National Academy of Sciences.
3. Ait-Belgnaoui, A., et al. (2011). Prevention of gut leakiness by a probiotic treatment leads to attenuation of chronic psychological stress-induced defects in the gut–brain axis. Journal of Physiology and Pharmacology.
Ohsawa, K., et al. (2016). Improved cognitive function and mental health by Bifidobacterium longum supplementation. Journal of Nutritional Science.
Messaoudi, M., et al. (2017). Assessment of the anti-inflammatory effects of Bifidobacterium longum in a human trial. Brain, Behavior, and Immunity.
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